Ein Jahr Bootsbau
Am 25. Mai 2024, ist es genau ein Jahr her, seit wir mit dem Bau unseres Bootes begonnen haben. In dieser Zeit ist unglaublich viel passiert – so viel, dass man leicht den Überblick verlieren kann. Deshalb gibt es diesen Blogbeitrag: ein Rückblick auf die wichtigsten Bauetappen, ein paar persönliche Geschichten – und ein paar Zahlen.
Passend dazu haben wir einen kleinen Apero organisiert, bei dem man das Boot vor Ort anschauen konnte. An dieser Stelle: Vielen Dank an alle, die gekommen sind – das hat uns sehr gefreut!
Und noch ein Spoiler: Im Schnitt war ich jeden zweiten Tag in der Werkstatt. Wie viel Zeit das über ein Jahr ergibt, erfährst du weiter unten.
Der Start: Vom Tisch bis zur Struktur
Los ging alles mit dem Bau eines ziemlich unscheinbaren, aber zentralen Teils: dem Arbeitstisch. Auf ihm haben wir die einzelnen Frames zusammengebaut – also das Grundgerüst des Bootes. Zum Glück hatte ich die Teile sauber vorsortiert, sonst wäre es ein ziemliches Chaos geworden.
Am Anfang konnte man die Grösse des Bootes nur erahnen. Die Breite war klar, aber die Länge? Noch schwer vorstellbar. Das änderte sich schlagartig mit dem Bau der Stringer – plötzlich war da dieses lange, schlanke Ding in der Werkstatt. Und klar wurde: Das Boot braucht Platz. Viel Platz.
Mein persönliches Ziel war, vor den Sommerferien im September alle Frames aufzustellen. Spoiler: Es wurde knapp. Zwei Tage vor dem Abflug haben wir’s geschafft – spätabends, mit letzter Kraft, aber zufrieden.
Und ja, ich habe in den Ferien fast täglich die Fotos angeschaut.
Nach dem Sommer: Feinarbeit und Fundament
Zurück aus den Ferien ging’s direkt ans Eingemachte: die Stringer einbauen. Klingt harmlos – ist es aber nicht. Denn: Wer hier schief schneidet oder zu viel Material wegnimmt, hat ein echtes Problem. Am Anfang war das ganz schön ungewohnt. Es braucht Mut, in ein Teil zu sägen, an dem man stundenlang gearbeitet hat. Aber mit der Zeit kam Routine – und irgendwann lernt man: Fast alles lässt sich reparieren. Nur eben nicht ohne Aufwand.
Nach dem Einpassen und Einkleben der Frames kam der Kiel dran, dann die Chines – also die seitlichen Verbindungen. Jeder Schritt brauchte Geduld, viele Anpassungen, und immer wieder kontrollieren. Bis Ende November stand das Grundgerüst der Unterseite. Drei Monate nach dem grossen Aufbau. Ein gutes Gefühl.
Winter: Ideen, Pausen und Nebenprojekte
Eigentlich hätte jetzt die Shear Line folgen sollen. Doch im Austausch mit Dan Lee wurde klar: Er hatte gerade ein ziemlich cleveres System entwickelt, wie man dieses komplexe Bauteil einfacher bauen kann – also hiess es: erstmal warten.
Ich habe die Zeit sinnvoll genutzt – und zwar gleich doppelt. Zum einen habe ich mich dem Fairing der Unterseite gewidmet, also dem feinen Glätten der Übergänge. Klingt unspektakulär, war aber richtig meditativ.
Zum anderen habe ich ein kleines Nebenprojekt gestartet: ein Regal als Raumtrenner. Totaler Tapetenwechsel – rechte Winkel, keine Stringer, kein Epoxidharz. Einfach mal wieder mit Massivholz, Holzleim und Schrauben arbeiten.
Nebenbei war an der ETH wie immer ende Semester auch etwas mehr los. Boot bauen, Uni, Weihnachtszeit – sagen wir’s so: langweilig wurde es nicht.
Frühjahr: Zwei komplexe Bauteile
Im Januar war es endlich so weit: Die Shear Line stand an. Ein echtes Grossprojekt. Erst mussten Platten vorbereitet werden, dann wurde gefräst, laminiert, gehobelt, angepasst – und am Ende natürlich verleimt. Jeder einzelne Schritt war aufwendig, aber am Ende hat sich’s mehr als gelohnt. Es war einer dieser Bauabschnitte, bei dem man merkt, wie aus Teilen Form wird.
Direkt danach kamen die Side Battens. Auf den ersten Blick harmlos – aber dann steht da diese Zahl: 180 Kerben. Jede muss sitzen, jede muss passen. Und zwar in drei Richtungen. Ich habe mir dafür eine Fräshilfe überlegt, die richtig gut funktioniert hat. Trotzdem blieb’s viel Handarbeit. Besonders vorn beim Stem musste ich lernen, dass Holz auch mal bricht – aber das lies sich retten.
Mit diesen beiden Bauteilen war der Rumpf komplett vorbereitet. Alles steht bereit fürs Planking – der nächste grosse Meilenstein.
Der zeitliche Aufwand – in Zahlen
Zeit ist relativ – besonders beim Bootsbau. Zum Glück habe ich ein kleines Tool gebaut, mit dem ich meine Arbeitszeiten aufzeichnen kann. Ein Knopfdruck, und alles landet in einem Google Sheet. Hier die nackten Zahlen nach einem Jahr:
Total Zeit: 920 h
Arbeitstage: 173 – also im Schnitt jeden zweiten Tag in der Werkstatt
Durchschnitt pro Tag: 3.5 h
Strecke zur Werkstatt: 2249 km
Frühester Start: 07:05 Uhr
Spätester Feierabend: 23:17 Uhr (das Aufstellen hat wie gesagt lange gedauert)
Was wie viel Zeit gekostet hat
Dank meinem Zeiterfassungstool konnte ich genau festhalten, welcher Bauabschnitt wie viel Zeit geschluckt hat. Und sagen wir’s so: Einige Überraschungen waren dabei.
Die drei grössten Brocken:
Side Battens: 124 Stunden – 180 Kerben brauchen eben Zeit.
Frames weiterbearbeiten: 93 Stunden – schleifen, pins setzen, nacharbeiten… die kleinen Sachen addieren sich.
Shear Line: 91 Stunden – dreidimensionaler Wahnsinn.
Auch spannend: „Sonstiges“ liegt bei 43 Stunden. Das ist: aufräumen, entsorgen, Werkstatt umstellen. Kurz gesagt: Zeit, die man nie einplant, aber immer braucht.
Fazit: Viel Zeit, viele Erfahrungen
Ein Jahr, 920 Stunden, unzählige Hobelspäne, Kleberreste, Frässpäne und Kaffee. Bootsbau ist Detailarbeit, Geduldsarbeit – aber vor allem eine riesige Erfahrung. Ich habe gelernt, dass Holz selten genau das tut, was man will, und dass es am Ende trotzdem oft besser wird als geplant. Ich habe geflucht, gelacht, repariert, verworfen und neu gedacht. Es gab Abende mit Erfolgserlebnissen – und solche, an denen gar nichts passte. Aber genau das macht’s aus.Ein grosses Danke an alle, die mitgeholfen, gefragt, vorbeigeschaut, angepackt oder einfach nur motiviert haben. Das Boot wächst – und ich gleich mit.
Nächster Step: Planking!